Auf welcher Ebene können Städtebau und Architektur die hohen Anforderungen, welche die Umwelt an jede europäische Stadt stellt, tatsächlich behandeln?
Der Klimagipfel in Kopenhagen (2009) unterstreicht, wie wichtig dabei das Engagement der Gemeinden selbst ist: globale Erwärmung, Ressourcenknappheit und die Eskalation von Verschmutzung fordern jede einzelne europäische Kommune heraus, ihr Engagement innerhalb eines europäischen Netzwerks zu positionieren.
Das bedingt aber gleichzeitig, dassjede Gemeinde ihre Möglichkeiten zur autonomen Versorgung hinsichtlich Nahrung und Energie optimieren kann - dass sie in der Lage ist, über gesellschaftliche Innovationen ihre Bürger zu einem ökologiebewussten Leben anzuregen.
Demzufolge konzentriert sich EUROPAN 11 auf eine wesentliche Schnittstelle: dem Zusammenwirken von konkreten, städtebaulichenAnforderungen für einen Ort und geopolitischen Anliegen. Die Partner von EUROPAN 11 erhalten die Chance, den Begriff der Nachhaltigkeit endlich in einen befriedigenden Rahmen stellen zu können.
Denn mit EUROPAN 11 erscheinen die Kardinalthemen zur städtebaulichen Entwicklung ihrer Standorte - Mobilität, Wachstum und Infrastruktur - in einem neuen Zusammenhang und erhalten ein konkretes Programm. Dabei bildet die Verknüpfung von sozialen und ökologischen Fragestellungen einen neuen, auch wirtschaftlich wertvollen Rahmen für mögliche Lebensqualitäten.
ZUSAMMENWIRKEN DER MASSSTÄBE
Auch bei den kleinsten Bauaufgaben werden die Möglichkeiten lokaler Veränderungen erst vor dem Horizont größerer Wirkungsfelder greifbar. EUROPAN 11 fordert eine umfassende Strategie für Veränderungen, in der alle, die Umwelt und Menschen betreffenden Maßstäbe zu integrieren sind. Denn nur mit einer Koppelung der Maßstäbe kann die ökonomische, soziale und kulturelle Attraktivität eines Quartiers ausgeschöpft werden: es öffnet sich die Chance zur Entwicklung einer substanziellen Identität.
DIALOG Natur- UND STADTRAUM
Insbesondere behandelt EUROPAN 11 die Frage der ‘Natur’ als Lebensraum innerhalb heutiger Urbanisierungsprozesse. Dabei ist der Begriff “Natur” so breit wie möglich zu fassen: ob “gezähmt” oder wild, städtischer Gemüsegarten oder öffentlicher Park, landwirtschaftliche Zone oder Biotop, naturbelassene Orte oder aufs Neue zu entwickelnde Gebiete: die Versöhnung von Natur- und Stadtraum schützt Ressourcen, fördert Biodiversität und stärkt die Zukunftsfähigkeit der städtischen Räume.Vertraute Themen, neu INTERPRETIERT:
Wachstum à… !Wachstum steuern heißt nicht nur, die horizontale Ausdehnung unserer Städte zu moderien, um den Verzehr unserer Landressourcen zu verhindern. Wachstum heißt auch städtebauliches Recycling, heißt, sich selbst neu zu definieren und andere Ziele zu setzen, heißt: sogar den Um- und Rückbau als Entwicklung begreifen zu können.
Gemeinschaftlichkeit à … !
Die Fähigkeit der Bürgerinnen, sich zu sozialisieren kann sich erst über ein konkretes Raumangebot entsprechend entfalten. Dazu gehören Räume die geteilt werden möchten, aber auch die Zugänglichkeit für alle zu “gemeinschaftlichen” Einrichtungen. Um der steigernden gesellschaftlichen Fragmentierung zu begegnen, müssen unsere gegenwärtigen Angebote zudem Querverbindungen zwischen den heute so unterschiedlichen Wünschen und Bedürfnissen einrichten.
Ortsverbundenheit à … !
Was auch immer ihr Maßstab sein mag: Orte tauschen sich untereinander aus. Die konkreten Verbindungen und Abhängigkeiten dieser Interaktionen werden auch von globalen Zusammenhängen getragen. Jeder einzelne Ort ist daher als “Fall” aufzudecken, der sich vom Lokalen zum Globalen entwickelt. Die Sicht auf diese Verbindungen entschlüsselt neue Erkenntnisse und konfrontiert uns mit neuen Möglichkeiten.
PROJEKT = METHODE DER STANDORTENTWICKLUNG
Für eine Stadt oder eine Region ist die Suche nach Nachhaltigkeit vom Wunsch nach einer stabilen Verbesserung der Lebensqualität getragen. Dem haben die EUROPAN 11-Wettbewerbsteilnehmer mit ihren Vorschlägen Rechnung zu tragen: ihre Strategien für die Entwicklung der Umwelt sind Teil eines evolutionären Prozesses, der die spezifischen Identitäten der unterschiedlichen Orte herausarbeitet.Wesentlich ist nicht das schöne Bild des Projektes, sondern die Methode, die sich über dieses Bild vermittelt.
EUROPAN 11 fordert daher fachübergreifende Ansätze: das Zusammenwirken von Architektur, Stadtplanung, Landschaftsplanung, Ökologie und Wirtschaft gibt den Gemeinden und Entwicklern die Möglichkeit, neue Werte im Rahmen einer konkreten Synergie zu formulieren.
DREI BETRACHTUNGSEBENEN DER AUFGABENSTELLUNG: STRATEGIE/ IDEE/ PROJEKT
Um die Unterschiedlichkeit der einzelnen Standorte vor dem Hintergrund europäischer Entwicklungen zu erfassen, werden die Wettbewerbsgebiete in drei Betrachtungsebenen behandelt:
1. der global-strategische Maßstab
= der Maßstab, den der übergeordnete Rahmen der Ausschreibung formuliert
-> der gesamte Ballungsraums mit seinen unterschiedlichen urbanen Zentren/ Städten
-> die Stadt selbst mit ihren Aktivitäten, Unterschiedlichkeiten und speziellem “Mix”
2. der Maßstab der Idee
= der Maßstab, der von den Wettbewerbsteilnehmern gewählt wird, um die Aufgabe zu definieren
-> das Stadtquartier und seine Beziehungen
3. der Maßstab des Städtebau- und Architekturprojekts
= der Maßstab, in dem eine Umsetzung zu erwarten ist
-> das konkrete Projekt und sein Entwicklungsprozess
STANDORTPROFIL FÜR DEN WETTBEWERB
Die Betrachtungsebenen sind auf Standorte unterschiedlicher Größe anwendbar und für jeden Standort gesondert zu präzisieren. Jede EUROPAN 11-Standortausschreibung besteht aus drei Informationsebenen, die den drei Betrachtungsebenen (Maßstäben) entsprechen:1. die politischen Ziele der Stadt bzw. der Region
-> das Programm für ökonomische, soziale und kulturelle Nachhaltigkeit
2. die Besonderheiten des Gebiets
-> die großen “Linien” zukünftiger Veränderungen
3. das konkrete Projektgebiet
-> die zu erwartenden planerischen und baulichen Aktivitäten nach dem Wettbewerb
-> die zum Verständnis des Entwicklungspotenzials notwendigen Informationen